Janusz Korczak, 1878 – 1942
Arzt,
Schriftsteller, Pädagoge
Pole, Jude
Lass uns Achtung haben vor der gegenwärtigen Stunde, dem heutigen Tag.
Das Recht des Kindes auf Achtung
Leg dir Rechenschaft darüber ab,
wo deine Fähigkeiten liegen,
bevor du damit beginnst,
Kindern den Bereich ihrer Rechte und Pflichten abzustecken.
Wenn du Kinder erziehen willst, musst du dein eigenes Leben reich gestalten. Lies, gehe ins Theater, liebe die Natur, versuche dich selbst zu fühlen, so weit und so viel du nur kannst. Alles, was in dir selbst geschieht, was in dir lebendig werden kann, kommt der Pädagogik zugute.
Ihr habt
recht.
Ihr sagt:“ Denn wir müssen zu ihrer Begriffswelt
hinuntersteigen.
................Hinuntersteigen,
uns herabneigen, beugen, kleiner machen.“
Ihr
irrt euch. Nicht das ermüdet uns. Sondern – dass wir zu ihren Gefühlen
empor
klimmen müssen. Empor klimmen, uns ausstrecken, auf die Zehenspitzen
stellen,
hinlangen. Um nicht zu verletzen.
Wenn ich wieder klein bin
Ich habe einen Forscher – keinen Erfindergeist.
Forschen , um zu wissen?
Nein.
Forschen, um zu finden, bis auf den Grund vorzudringen?
Auch das nicht.
Also forschen , um immer weiter – und weiterzufragen.
Ich richte meine Fragen an Menschen (
kleine Kinder und
Greise), an
Tatsachen, Ereignisse, Schicksale.
Mich packt nicht der
Ehrgeiz , eine Antwort
zu finden , ich möchte
vielmehr zu weiteren Fragen
vordringen nicht
unbedingt nach demselben Gegenstand.
Tagebuch
aus dem
Warschauer Ghetto
Wie, wann, wieviel – warum?
Ich ahne viele Fragen, die auf Antwort warten, Zweifel, die Aufklärung fordern.
Und ich antworte „Ich weiß nicht“.
Immer, wenn du ein Buch aus der Hand legst und beginnst, den Faden eigener Gedanken zu spinnen, hat das Buch sein angestrebtes Ziel erreicht.
Wenn du rasch umblätterst – Vorschriften und Rezepte suchst und dich ärgerst, dass es so wenige sind – wisse, falls es da Ratschläge und Hinweise gibt, entspricht das nicht dem Willen des Autors.
Ich
weiß nicht und kann
nicht wissen, wie mir unbekannte Eltern unter
unbekannten
Bedingungen ein
mir unbekanntes Kind erziehen können – ich
betone
– können, nicht
–wollen, und auch nicht – sollen.
„Ich weiß nicht“, das ist in der Wissenschaft der Ur-Nebel, aus dem die sich neu formenden Gedanken auftauchen, und sie kommen der Wahrheit immer näher.
„Ich weiß nicht“, das ist für den mit dem wissenschaftlichen Denken nicht vertrauten Geist eine quälende Leere.
Das schöpferische „Ich weiß nicht“ des modernen Wissens vom Kind ist wunderbar, voller Lebendigkeit, voller hinreißender Überraschungen – und ich möchte lehren, es zu verstehen und zu lieben.
Ich möchte, dass man versteht, dass kein Buch, kein Arzt (kein Pädagoge, Ergänzung) den eigenen aufmerksamen Gedanken , die eigene genaue Betrachtung ersetzen können.
Wie liebt man ein Kind